Generisches und praxiserprobtes Projektvorgehen für die Einführung einer Zeitwirtschaft / Zeiterfassung bei Unternehmen. Umfasst die üblichen Projektphasen und wichtigsten Deliverables auf einen Blick.
Neben der rechtlichen Verpflichtung von Arbeitgebern, ein System zur Erfassung der geleisteten Arbeitszeiten der Arbeitnehmenden einzurichten, bietet die Einführung einer modernen Zeiterfassungs-Software auch für sich gesehen einige potentielle Vorteile für Unternehmen, wie z.B.:
Die oben illustrierte Abbildung zeigt ein bewährtes Projektvorgehen für die Einführung einer Zeiterfassungs-Software in Unternehmen. Das Vorgehen besteht aus den folgenden Projektphasen:
In dieser ersten Projektphase erfolgt eine Bestandsaufnahme der Ist-Situation im Anwendungsbereich der Zeitwirtschaft. Es werden die aktuellen Prozesse analysiert und in strukturierter Form beschrieben. Dies kann sowohl grafisch erfolgen, als auch textuell, z.B. unter Verwendung von Vorlagen für die Beschreibung von Anwendungsfällen.
Die textuelle Spezifikation eines Anwendungsfalls kann unter Verwendung der folgenden Standard-Elemente erfolgen: Name des Anwendungsfalls; Kurzbeschreibung; Auslösendes Ereignis; Beziehung zu anderen Anwendungsfällen; Akteure; Vorbedingungen; Ergebnis/Nachbedingungen; Verwendete Anwendungen; Verwendete Formulare/ Dateien/ Daten; Verwendete Schnittstellen; Haupt-Ablaufszenario; Alternativszenarien; Ausnahmeszenarien.
Methodisch erfolgt die Prozessbeschreibung und Anwendungsfall-Spezifikation in erster Linie in Form von Interviews mit den HR-FachexpertInnen, in der Regel aus dem Fachbereich der Lohn- oder Gehaltsabrechnung.
Neben der Prozess-basierten Analyse und Bestandsaufnahme erfolgt auch eine technischere Analyse der IT-Anwendungslandschaft rund um den Bereich der Zeitwirtschaft/Zeiterfassung. Dies umfasst in der Regel auch Anwendungen für eine Schicht-/Dienst-Planung, Anwendungen für die Lohn-/Gehalts-Abrechnung, Anwendungen für Mitarbeiter-Stammdaten, oder sonstige relevante Software für das Management von Abwesenheiten, wie z.B. Urlaub oder Reisezeiten.
Als Methoden für die Aufnahme dieser Informationen kommen hier die Analyse von vorhandenen Dokumentationen in Frage, vor allem aber Interviews mit Systemverantwortlichen und technischen Ansprechpartnern im Unternehmen. Als Ergebnisdokumente dieser Analyse werden üblicherweise erstellt: Übersichts-Diagramm Ist-Anwendungslandschaft Zeitwirtschaft; Steckbriefe der relevanten Anwendungen; Schnittstellen-Spezifikationen für die relevanten Schnittstellen aus der Analyse.
Weitere Analyse-Themen und Ergebnis-Dokumente aus dieser Phase können sein: Spezifikation der relevanten Akteure (Benutzergruppen) aus der Ist-Situation; Berechtigungskonzept Ist-Situation; Mengengerüst Ist-Situation & Prognose für die Zukunft; Glossar mit fachlichen Definitionen und Abkürzungen aus dem Anwendungsbereich der Zeitwirtschaft und Gehaltsabrechnung.
Einige Beispiele für Deliverables aus dieser Projektphase (für jeden Anwendungsfall wird eine Detailbeschreibung erstellt):
In dieser zweiten Projektphase wird aufbauend auf den Erkenntnissen, die in der vorangehenden Ist-Analyse gewonnen wurden, die Soll-Situation im Detail definiert. Dies umfasst vor allem die Spezifikation, wie die künftigen Prozesse unter Verwendung der neuen Zeiterfassung-Software aussehen sollen und wie die künftige Systemlandschaft aussehen soll.
In enger Zusammenarbeit mit den FachexpertInnen des Kunden werden in einer Reihe von Workshops und unter Verwendung von vorgefertigten Beschreibungs-Strukturen die Soll-Prozesse festgelegt und die künftigen Anforderungen im Detail spezifiziert. Die wichtigsten Ergebnisdokumente aus diesen Aktivitäten sind eine (zumindest grobe) Konzeption der Soll-Prozesse, sowie eine detaillierte Spezifikation aller künftigen Anforderungen, gegliedert nach relevanten Kategorien.
Dies kann grafisch durch die Erstellung von übersichtlichen Anwendungsfall-Diagrammen für die Soll-Situation begleitet werden. Außerdem erfolgt in dieser Phase die Spezifikation der Zeitarten, die mit der neuen Zeiterfassungs-Software erfasst und verarbeitet werden sollen, sowie eine Spezifikation aller relevanten Regeln für die Verwendung der Zeitarten (z.B. Kompatibilitätsregeln für die gleichzeitige Verwendung von Zeitarten, wie krank und Urlaub) und aller sonstigen Regeln (z.B. für die Berechnung von Zuschlägen und Pauschalen).
Technisch erfolgt ein Entwurf der Ziel-Systemlandschaft unter Anbindung der neuen Zeiterfassungs-Software, inklusive Spezifikation aller künftigen Schnittstellen. Es können auch weitere Architektur-Entwürfe erstellt werden (z.B. Übersicht der spezifizierten Komponenten des neuen Systems).
Weitere Ergebnisdokumente und Spezifikations-Artefakte aus dieser Phase können sein: Spezifikation Akteure (Benutzergruppen) der Soll-Situation; Liste offener Punkte; Workshop-Dokumentationen, aus denen die Anforderungsspezifikation und die Soll-Prozesse abgeleitet wurden.
Alle Spezifikationsdokumente aus dieser Projektphase werden gebündelt als ein Lastenheft bereitgestellt, das im weiteren Projektverlauf (Phase 4) im Rahmen des RFP (Request for Proposal) an die selektieren Anbieter gesendet werden soll.
Einige anonymisierte Beispiele für Deliverables aus dieser Projektphase:
Nach Abschluss der Ist-Analyse (Phase 1) und der Soll-Definition (Phase 2) erfolgt in Projektphase 3 eine Marktevaluierung von Zeiterfassungs-Systemen auf Basis der zuvor definierten Anforderungen, um mögliche passende Produktkandidaten (Systeme) für die Umsetzung des neuen Zeiterfassungssystems zu identifizieren.
Die Liste der identifizierten und qualifizierten Produktkandidaten bildet die Grundlage für die nachfolgenden Projektphasen, insbesondere für die unmittelbar danach folgende Detailevaluierung und Produktauswahl, inklusive des Ausschreibungsverfahrens (Projektphase 4). Der finale Bericht zur Marktevaluierung soll außerdem das Management des Kunden sowie weitere betroffene Projekt-Stakeholder informieren.
Die möglichen Produktkandidaten für das neue Zeiterfassungssysteme werden über die folgenden Quellen identifiziert:
Für die Bewertung der Produkte werden je nach Verfügbarkeit die folgenden Quellen verwendet:
Hinsichtlich der Methodik für die Marktevaluierung ist anzumerken, dass die möglichen Produktkandidaten in dieser Projektphase auf einer eher groben Ebene gegen die spezifizierten Anforderungen bewertet werden, z.B. auf Komponenten-Ebene oder nach grundsätzlichen Fragen und KO-Kriterien.
Einige konkrete Beispiele für betrachtete Fragestellungen (mögliche KO-Kriterien) können sein:
Nach Durchführung der Marktevaluierung wird ein passender Bewertungsansatz für die gesichteten Produkte verwendet. Beispielsweise kann ein 5-stufiges Ampel-Schema mit den folgenden Bewertungs-Stufen verwendet werden:
Die evaluierten Produkte werden unter Verwendung der obigen Methodik und des beschriebenen Bewertungsansatzes einer der 5 Bewertungs-Stufen zugeordnet. Der grafische Überblick mit allen bewerteten Produkten kann dann beispielsweise wie folgt aussehen (anonymisiert):
Diese Übersicht wird durch einen finalen schriftlichen Bericht mit allen wichtigen Erkenntnissen der Marktevaluierung für jedes Produkt begleitet, sowie durch eine Empfehlung, wie im Projekt weiter vorgegangen werden soll. Die Empfehlung kann z.B. so aussehen, dass nur diejenigen Produkte im Auswahlverfahren bleiben sollen, die eine „grüne“ oder „grün-gelbe“ Bewertung erhalten haben.
Zum Abschluss von Phase 3 wird eine Liste von Vorauswahl-Kriterien vorbereitet, die in der nachfolgenden Phase 4 im Rahmen des RFI (Request for Information) durch die aus der Marktevaluierung qualifizierten Anbieter beantwortet werden sollen. Der RFI dient somit dem Zweck, weitere Informationen direkt von den übrig gebliebenen Produktkandidaten (bzw. von den Firmen) anzufordern. Die Vorauswahl-Kriterien werden in der Regel als RFI-Fragenbogen aufbereitet und können z.B. wie folgt aussehen (gegliedert nach Kriterien zum Anbieter und Kriterien zur Software), was von den konkreten Projektanforderungen abhängt:
Die in Projektphase 3 qualifizierten Produktkandidaten werden zu Beginn von Projektphase 4 zum RFI (Request for Information) eingeladen. Dabei erhalten sie einen Fragebogen mit den weiter oben beschriebenen Vorauswahl-Kriterien, die durch die Anbieter-Firmen bis zu einer vorgegebenen Frist zu beantworten sind. Dieses Vorgehen erfolgt in Abstimmung mit dem Einkauf des Unternehmens, für den die neue Zeiterfassungs-Lösung eingeführt werden soll.
Während der laufenden RFI-Phase steht das Projektteam den Anbieter-Firmen zur Verfügung, um mögliche Fragen zum Projektvorhaben zu adressieren. Fragen und Antworten werden dabei dokumentiert. Nach Ablauf der Antwort-Frist zum RFI werden die Anbieter-Antworten gesammelt, strukturiert und systematisch bewertet. In der Regel antworten nicht alle Anbieter, die eingeladen werden, daher ist nach dem RFI die Anzahl der verbleibenden Firmen/Produkte kleiner als zu Beginn von Phase 4 (vor dem RFI).
Nach einer gründlichen Bewertung der RFI-Antworten durch das Projektteam, inkl. Klärung aller wichtigen Fragen, wird ein RFI-Bericht erstellt mit einer Empfehlung für das Management des Kunden, welche Produktkandidaten gut genug sind, um weiter im Auswahlprozess zu bleiben und zum nachfolgenden RFP (Request for Proposal) eingeladen werden sollen. Der RFI-Bericht erhält auch eine Übersicht der wichtigsten Ausschlussgründe für die Produktkandidaten, die nicht weiter berücksichtigt werden sollen.
Für die vereinfachte Bewertung der Produkte und Anbieter-Firmen im RFI-Bericht kann beispielsweise der gleiche Bewertungsansatz mit dem Ampel-Schema verwendet werden, wie in Phase 3 (Marktevaluierung). Eine Bewertungs-Übersicht von Produkten und Anbieter-Firmen nach dem RFI könnte z.B. wie folgt aussehen (anonymisiert):
Nachdem das Management des Kunden die RFI-Empfehlung des Projektteams abnimmt, wird die zweite Stufe von Projektphase 4 gestartet. Die nach dem RFI qualifizierten Produkte und Anbieter werden im Rahmen des RFP (Request for Proposal) zur eigentlichen Ausschreibung eingeladen. Genau wie beim RFI erfolgt auch dies in enger Abstimmung mit dem Einkauf des Unternehmens.
Mit dem RFP erhalten die übrig gebliebenen Anbieter neben einer Gesamtpräsentation mit allen notwendigen Informationen das zuvor in Projektphase 2 erstellte Lastenheft mit allen darin enthaltenen Spezifikationsdokumenten für die künftige Lösung. Zusätzlich erhalten die Anbieter eine Vorgabe für eine Pflichtenheft-Erstellung im Rahmen der Ausschreibung. Die Pflichtenhefte sind von jedem Anbieter auszufüllen und sollen die Grundlage für die Angebote bilden. In einem Pflichtenheft muss jeder Anbieter, gemäß einer Vorgabe des Projektteams, für jede Anforderung des neuen Zeiterfassungs-Systems genau erklären, ob die Anforderung erfüllbar/umsetzbar ist und wie genau dies mit seinem Produkt erfolgt (z.B. Anforderung ist vorhandene Standard-Funktion, Anforderung wird konfiguriert, Anforderung muss neu implementiert werden). Für die Erstellung der Pflichtenhefte erhalten die teilnehmenden Firmen eine deutlich längere Frist als beim RFI. Abhängig von Komplexität und Umfang der Anforderungen können das z.B. 2-3 Monate sein.
Parallel zur Pflichtenheft-Erstellung durch die Anbieter-Firmen erfolgt durch das Projektteam des Kunden eine Detailevaluierung der im Auswahlverfahren verbliebenen Produkte unter Verwendung von Testinstallationen/Testversionen der Produkte. Dies muss in Abstimmung mit den Anbieterfirmen erfolgen (z.B. in Form von Cloud-basierten Testinstallationen) und kann auch durch Workshops begleitet werden, in denen die Produkte im Detail vorgestellt werden und Fragen beantwortet werden. Die Testversionen sollen möglichst die vollständigen Funktionalitäten mitbringen, um ein aussagekräftiges Testen aller Anforderungen/Funktionen durch das Projektteam zu ermöglichen. Einige Anforderungen, wie z.B. zu künftigen Schnittstellen, können mit den Testinstallationen ggfs. noch nicht getestet werden, was jedoch in dieser Phase in Ordnung ist.
Während der Detailevaluierung werden die verbliebenen Produktkandidaten mit Produkt-Ratings pro Anforderung bewertet. Hierfür können Bewertungs-Vorlagen (Templates) aus vorherigen Projekten verwendet werden und es wird ein einheitliches Bewertungsschema mit klaren Regeln verwendet. Neben dem Projektteam können in diesen Bewertungsprozess ggfs. auch weitere Stakeholder abhängig vom Themenbereich der zu testenden Anforderungen/Funktionen eingebunden werden, wobei jedoch der Arbeitsaufwand bei der Detailevaluierung von komplexen Produkten nicht zu unterschätzen ist.
Nachdem die Frist für die Erstellung der Pflichtenhefte durch die Anbieter abläuft, werden die erstellten Pflichtenhefte gesammelt und durch das Projektteam analysiert und bewertet. Für einen Review der Pflichtenhefte sind ggfs. auch weitere relevante Stakeholder einzubinden (z.B. Informationssicherheit, Datenschutz), da die Pflichtenhefte die konzeptionelle und rechtliche Grundlage für eine spätere Umsetzung liefern sollen.
Die geprüften Pflichtenhefte bilden zusammen mit den Ergebnissen aus der Detailevaluierung (Produkt-Ratings) die kombinierte Grundlage für eine Gesamtbewertung der Ausschreibung durch das Projektteam. Als Ergebnis wird ein RFP-Bericht für das Management des Kunden erstellt mit einer Empfehlung, welche Produktkandidaten weiter im Rennen bleiben sollen. Zu diesem Zeitpunkt sollten in der Regel nicht mehr als 1-3 Top-Produktkandidaten im Auswahlverfahren übrig bleiben.
In der dritten und letzten Stufe von Projektphase 4 werden für die qualifizierten Produktkandidaten in Abstimmung mit den verbliebenen Anbietern und mit dem Einkauf Proof of Concept – Implementierungen (PoC-Implementierungen) durchgeführt, die als Prototypen für die künftige Lösung zu verstehen sind. Für die PoC-Implementierungen definiert das Projektteam repräsentative Mindestanforderungen, die für jeden relevanten Themenbereich zu implementieren / zu demonstrieren sind. Hier sollten auch alle künftigen Schnittstellen des neuen Systems exemplarisch umgesetzt und getestet werden. Während der PoC-Implementierungen muss auch eine finale Abnahme der Pflichtenhefte erfolgen, so dass alle wichtigen Anforderungen und Themen geklärt und abgestimmt sind.
Die Ergebnisse der PoC-Implementierungen werden durch das Projektteam zusätzlich zu den vorherigen Erkenntnissen aus dem RFP-Bericht bewertet und es wird ein finaler Bericht für die Produktauswahl erstellt mit einer Empfehlung, welches Produkt das Ausschreibungs- und Auswahl-Verfahren gewinnt und implementiert werden soll. Die finale Produktempfehlung wird dem Management des Kunden zur Abnahme vorgelegt. Die Abnahme durch das Management bedeutet gleichzeitig den Abschluss der Produktauswahl für das künftige Zeiterfassungssystem.
Nach der Produktauswahl und vor der Implementierung des neuen Zeiterfassungssystems erfüllt diese Projektphase 5 den Zweck, die Implementierung vorzubereiten und die Verträge mit dem ausgewählten Anbieter abzuschließen. Die Phase umfasst im Wesentlichen die folgenden Aktivitäten und Ergebnisse:
Projektphase 6 umfasst Implementierung und Test des neuen Zeiterfassungs-Systems, gemäß des zuvor vereinbarten Implementierungsplans und des abgestimmten Projektvorgehens. Während der Implementierung oder Konfiguration des neuen Systems durch das Entwickler-Team des Anbieters sollten funktionale Tests durch ein Test-Team des Auftraggebers stattfinden, um die umgesetzten Funktionalitäten gegen die spezifizierten Anforderungen zu testen und falls frei von Mängeln abzunehmen.
Im Projektmanagement-Team für die Implementierungs- und Test-Phase sollte sowohl der Auftraggeber als auch der Anbieter der neuen Lösung durch jeweilige Projektleiter vertreten sein. Die gleiche Aufstellung wird auch für den Lenkungsausschuss des Projektes (Steuerkreis) empfohlen. Die üblichen Projektmanagement-Aktivitäten Planung, Fortschritts-Kontrolle, Kommunikation, Stakeholder-Management, Reporting sollten in dieser Phase auch durch ein fortlaufendes Risiko-Management und Change Management begleitet werden.
Eine detailliertere Beschreibung des Implementierungsvorgehens ist an dieser Stelle ansonsten nicht sinnvoll, da es je nach Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Anbieter variieren kann. Empfehlenswert ist in der Regel jedoch ein agiles Vorgehen, bei dem die Anforderungen des neuen Zeiterfassungs-System iterativ umgesetzt, getestet und abgenommen werden können. Ein agiles Vorgehen bietet durch seine Flexibilität außerdem den Vorteil, dass man zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Implementierung die inkrementell gebaute Lösung als ausreichend definieren kann, was gleichzeitig den Abschluss der Implementierung bedeutet.
Nach Abschluss der funktionalen Implementierung und der funktionalen Tests, inklusive Abnahme, sollten auch technische Tests für das neue System durchgeführt werden, z.B. Last- und Performance-Tests, Penetrations-Tests, um auch nicht-funktionale Aspekte zu überprüfen (Qualitäts-Anforderungen). Am Ende dieser Projektphase sollte außerdem ein finaler Abnahmetest (UAT = User Acceptance Test) durch einen ausgesuchten breiteren Stakeholder-Kreis (z.B. Key User Group) auf der Grundlage von ausgewählten high-level Test-Szenarien durchgeführt werden, was auch als eine Schulungsmaßnahme angesehen werden kann und die Akzeptanz für die neue Lösung erhöhen soll.
Projektphase 7 betrifft Training, Migration und Go-Live des neuen Zeiterfassungs-Systems.
In dieser Phase wird das zuvor entworfene Schulungskonzept umgesetzt. Die Durchführung der Mitarbeiter-Trainings für das neue System erfolgt dabei gemäß des definierten Konzepts (wer soll von wem wie und womit geschult werden) und des Projektplans.
Für den Rollout / Go-Live des neuen Systems ist spätestens in dieser Phase eine Detailplanung zu erstellen, die Schritt für Schritt beschreibt, welche Aktivitäten in welcher Reihenfolge und zu welchen Zeitpunkten von wem durchzuführen sind, damit der Go-Live erfolgreich zu Stande kommt. Diese Rollout- bzw. Go-Live-Planung umfasst auch alle notwendigen Daten-Migrationen (Initial Loads), welche für die initiale Befüllung und effektive Einführung des neuen Zeiterfassungs-System notwendig sind. Dies kann z.B. Stammdaten, initiale Zeitkontenstände, initiale Urlaubsstände und Urlaubsdaten, sonstige Abwesenheitsdaten, usw. betreffen, die aus vorhandenen Systemen ins neue Zeiterfassungs-System eingelesen oder anders gesetzt werden müssen. Die Go-Live-Planung sollte außerdem den Support unmittelbar nach dem Go-Live (Hypercare-Phase) umfassen (siehe Phase 8 weiter unten).
Diese Go-Live-Planung sollte vor der tatsächlichen Ausführung zur Inbetriebnahme des Systems vorab einmal vollständig, inklusive aller Migrationen / Initial Loads durchgetestet werden, um unerwartete Überraschungen beim echten Go-Live zu vermeiden. Mögliche Schwachstellen in der Planung bzw. beim Vorgehen können somit vorab identifiziert und behoben werden. Bei erfolgreicher Durchführung der Tests für den Rollout und Go-Live, kann anschließend zu einem späteren Zeitpunkt der tatsächliche Rollout, inklusive der echten Inbetriebnahme sicher erfolgen. Das Endergebnis dieser Projektphase ist dann die operative neue Zeiterfassung.
Die finale Phase 8 beinhaltet die Hypercare-Phase mit einem intensiven Support der BenutzerInnen des neuen Zeiterfassungs-Systems direkt nach seiner Einführung, z.B. um akute Fragen oder Probleme bei der Verwendung des Systems zu adressieren. Hierzu muss die Support-Organisation mit klaren Rollen und Verantwortlichkeiten vorab definiert sein, was die Verfügbarkeit dedizierter Ressourcen voraussetzt, beispielsweise technische und fachliche Ansprechpartner. Außerdem muss der Zeitraum für die Hypercare-Phase festgelegt werden, nach dessen Ablauf der Support in einen regulären Betrieb des neuen Systems überführt werden kann.
Nach Einführung der neuen Zeiterfassungs-Software sollten für einen gewissen Zeitraum außerdem Erkenntnisse zur Verwendung des Systems (Lessons Learned) in strukturierter Form aufgenommen, dokumentiert und analysiert werden. Diese Nachbetrachtung und Evaluation der System-Einführung soll dabei helfen, mögliche spezifische Schulungs-Bedarfe und Support-Bedarfe zu identifizieren, oder gar Änderungs-Bedarfe (Change Requests) für die Software abzuleiten, die nachträglich vom Anbieter umgesetzt werden müssen.
Publikations-Datum: 02.12.2024
Autor: Paraschos Pentas